2. Die FeLV-Infektion
Beim felinen Leukämievirus handelt es sich um ein Retrovirus. Die Retroviren
wurden nach einem Enzym benannt, der reversen Transkriptase, die einen Einbau des Virusgenoms in die DNS der infizierte Zelle ermöglicht.
Die
Übertragung der Infektion kann durch alle Körperexkrete und -sekrete
erfolgen. Am häufigsten ist die Infektion durch direkten Kontakt mit dem Speichel infizierter Tiere aber auch indirekt zum Beispiel bei Benutzung derselben Futternäpfe.
Die Empfänglichkeit
für das Virus ist bei jungen Katzen unter 16 Wochen hoch und nimmt dann immer mehr ab. Ältere Tiere werden dann kaum noch infiziert, es sei denn der Infektionsdruck ist sehr groß.
Bei den klinischen Symptomen
muß zwischen primären und sekundären Veränderungen unterschieden werden. Primär kommt es zu Veränderungen in Organ-systemen, in denen sich das Virus gut vermehrt. Dies äußert sich besonders in Knochenmarksdepressionen und Tumoren des lymphatischen und myeloischen Systems. Bei jungen Katzen treten Fibrosarkome auf, welche durch das feline Sarkomvirus (FeSV), einer Mutante des FeLV, induziert werden. Diese Fibrosarkome wachsen entweder progressiv und letal oder aber bilden sich vollständig nach 2-6 Wochen zurück. Auch neurologische Symptome und Fertilitätsstörungen kommen vor. Im Rahmen einer Immunsuppression kann es später zu einer Vielzahl von Krankheitserscheinungen mit sekundären Infektionen kommen.
Die Diagnose wird meistens mittels eines kommerziell erhältlichen ELISA´s (Enzyme linked immuno sorbent assay) gestellt. Dieser Test weist virales Antigen nach, also direkt ein
Virusprotein und nicht nur Antikörper gegen das Virus. Die Sensitivität und Spezifität sind gut, so daß der Test als relativ zuverlässig anzusehen ist. Aus biometrischen Gründen muß jedoch bei einer niedrigen Prävalenz für die
FeLV-Infektion auch mit falsch positiven Testergebnissen gerechnet werden. Positive Ergebnisse sollten daher nachgetestet werden. Ein weiterer Grund für das Nachtesten ist, daß die Tiere die Infektion überwinden und wieder
negativ werden können. Ein negatives Testergebnis ist als sicher anzusehen, sagt allerdings nur aus, daß sich das Tier zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht in der Phase der Virämie befand.
Es kann im wesentlichen 3 Verlaufsformen
bei einer FeLV-Infektion geben. Es wird angenommen, daß in Mitteleuropa zwischen 50-80% der Katzenpopulation in Kontakt mit dem FeLV kommt, von denen sich etwa 70%
infizieren. Bei den meisten Tieren mit intaktem Immunsystem kommt es zu einer kurzen virämische Phase, die nach wenigen Tagen beendet ist. Außerdem treten transitorische Virämien auf, die bis zu einigen Monaten andauern können.
Tiere mit kurzer oder transitorischer Virämie sind in der Regel stabil immun für den Rest ihres Lebens und nicht mehr in der Lage Virus zu produzieren. Wahrscheinlich wird dies durch Änderungen am Virusgenom im Rahmen der
Immunabwehr bewirkt. Eine weitere Möglichkeit ist eine latente Infektion, bei der es immer wieder zu virämischen Phasen bei außergewöhnlicher Belastung, wie zum Beispiel in der Laktation, kommt. Schließlich gibt es die
persistierende Virämie mit der Folge FeLV-bedingter Krankheitserscheinungen, die bei 10-30% aller Tiere auftritt. Zu welcher der Verlaufsformen es kommt hängt neben der individuellen Empfänglichkeit und dem Immunstatus auch von
der Pathogenität des Virusstammes ab.
Eine Impfung gegen die FeLV-Infektion ist wegen der hohen Empfänglichkeit besonders bei jungen Katzen sinnvoll. Bei
älteren Katzen könnte je nach Haltungsform und Exposition von einer Impfung abgesehen werden. Bei dieser Entscheidung spielt sicherlich die Besitzermentalität eine wesentliche Rolle. Es gibt verschiedene Impfstoffe, die mit
Erfolg eingesetzt werden. Lebendvakzine sind nicht zu empfehlen, da ein Einbau ins Wirtszellgenom mit der Gefahr der späteren Tumorentwicklung erfolgt. Es haben sich inaktivierte Viren und auch neuerdings rekombinante Proteine
des Virus bewährt. Ob vor einer Impfung eine bestehende FeLV-Infektion durch einen Test ausgeschlossen werden sollte, ist nicht pauschal zu beantworten. Hier spielen so verschiedene Aspekte, wie zum Beispiel Herkunft und
weiterer Verbleib der Katze oder des ganzen Wurfes, FeLV-Status eines Bestandes, finanzielle Aspekte und auch Einstellung des Besitzers und des Tierarztes eine Rolle.
3. Leukoseformen bei Katzen
Am häufigsten kommt bei
Katzen das Lymphosarkom oder besser das maligne Lymphom vor. Bei diesen Tumoren können dann noch verschiedene Differenzierungsgrade unterschieden werden. Nur etwa ein Drittel der malignen Lymphome verlaufen leukämisch, also mit
erhöhter Leukozytenzahl im Blut. Es kann sogar im Rahmen einer Knochenmarksdepression zu einer Leukopenie und Anämie kommen, beides häufige Symptome bei einer FeLV-Infektion. Beim sogenannten Mediastinallymphknotensarkom junger
Katzen sind über 80% der Tiere FeLV-positiv. Bei der alimentären Form sind neben den Mesenteriallymphknoten auch die lymphatischen Einrichtungen des Magen-Darm-Kanals betroffen. Auch ältere Tiere bis zu 8 Jahre können
erkranken, wobei der Anteil der FeLV-positiven Tiere unter 30% liegt. Sind mehr als zwei Lymphknoten vergrößert (4-10fach) spricht man von der multizentrischen Form, bei der die meisten Tiere einen positiven FeLV-Test zeigen.
Von den malignen Lymphomen wird die lymphatische Leukämie abgegrenzt, die eine maligne Proliferation von Knochenmarkszellen bedeutet und die fast immer im peripheren Blut nachweisbar ist. Diese Form ist ebenfalls meistens
FeLV-induziert.
Relativ selten sind Tumore des Thymusgewebes. Gemäß dem Aufbau als lympho-epitheliales Organ, kann sowohl die epitheliale als auch die lymphatische Komponente entarten. Obwohl nur in der Jugend voll
ausgebildet, treten benigne Thymome vorwiegend bei älteren Tieren auf. Im Gegensatz zum Thymom ist das maligne Thymuslymphom FeLV-bedingt und tritt bei Katzen unter 2 Jahren auf. Wegen seiner Lage ist ein Thymom nur
mikroskopisch vom Mediastinallymphknotensarkom zu unterscheiden. Auch Tumore enddifferenzierter B-Lymphozyten, also der Plasmazellen, sind selten. Sind nur einzelne Organe betroffen spricht man vom Plasmozytom. Es sei erwähnt,
daß natürlich alle Zellinien des hämatopoetischen Systems tumorös entarten können; die hier nicht aufgeführten Formen treten jedoch äußerst selten auf. Mastzelltumore sollen noch erwähnt werden, wobei kutane und viszerale
Formen zu unterscheiden sind. Mastzellen sind bei Katzen in großer Zahl besonders in Haut und Darm vorhanden, Tumore sind selten. Im Unterschied zum Hund sind solitäre, chirurgisch gut zugängliche Mastzelltumore meist gutartig.
topographische Verteilung von Lymphomen bei über 500 Katzen